· 

Abgelehnt


Eine Woche Neuharlingersiel. Perfekter Campingurlaub. Alles passt. Als wir den den Nachhauseweg antreten, sind wir entspannt. Da wir viele hunderte Kilometer vor uns haben, planen wir spontan einen Zwischenstop mit Übernachtung ein. Die Regierung, welche fährt, trällert fröhlich irgendetwas von der Lüneburger Heide und ich finde hierzu direkt einen hübschen Bauernhof. Der ideale Übernachtungsplatz.

 

"Da vorne sind Supermarkt und Tankstelle. Lass' uns volltanken und eine Kleinigkeit zu Essen kaufen. Wir haben nichts mehr im Baguette. Könnte uns Nudeln mit selbst gemachter Tomatensauce, frischem Basilikum und Schischi zubereiten." 

"Ha nei, wir fahren weiter."

"Wir haben aber nichts mehr da."

"Ich will zu McWürg, der Kaffee schmeckt dort am besten."

 

Im McWürg angekommen, erstmal Geschmiere auf der Kinoleinwand, Zahlungswunsch bar an der Kasse, Bestellung zur Mitnahme. Regierung vergisst an der Kasse zu zahlen und wartet. Wartet. Und wartet. Sein Gesichtsfarbe? Unbezahlbar. Nachdem das Fresspaket ausgehändigt wurde, essen wir jetzt doch im festlichen Speisesaal. Ein Kind fällt hin, schreit um sein Leben. Ein weiteres rennt den Iron Man, während seine Mutter versucht, es schimpfend einzufangen. Dann stolpert es, die Mutter beinahe mit. Der Lautstärkepegel bringt mein Gleichgewicht in's Wanken. Nach lauwarmen Kaffee, Cheeseburger und Frittenaroma treten wir die Weiterfahrt an.

 

"In wenigen Kilometern gibt es eine Tankstelle. Ist gerade günstig dort."

"Nein nein, ich fahre weiter. Wir haben noch Sprit."

"Na dann. Ich freue mich so auf die Lüneburger Heide. Vielleicht gibt es direkt am Stellplatz Schäfchen?"

"Lüneburger Heide, hm... ist vielleicht doch ein Umweg. Schau' mal auf Park4Night, was es so in der Nähe von Würzburg gibt."

"Würzburg?"

"Würzburg."

"DAS Würzburg in der Lüneburger Heide?"

 

In Würzburg Stau. Volksfest. Am Stellplatz angekommen leuchtet uns ein Schild an: "Wegen Überfüllung geschlossen. Du kommst hier safe net rein." Mitten durch's feiernde Volk fahrend bilden wir hier ein Highlight. Uns wird zugeprostet, wir werden angebetet. Schnell finde ich eine Stellplatzalternative, nur wenige Minuten entfernt. Vom Volksfest so weit entfernt, dass hier noch Kapazitäten frei sein sollten. Don O. redet jedoch nicht mehr, hat scheinbar Tollwut, denn aus diesem Chaos herauszukommen ist offensichtlich nicht so einfach. Plötzlich biegt er entgegen meiner Navigation ab, es geht bergauf. Bestimmt über vierzig Prozent in einer dreißiger Zone, einem Wohngebiet und unglaublich engen Gasse. Würzburg scheint eine sehr arme Stadt zu sein oder befindet sich im Epizentrum eines Erdbebengebietes. Schlaglöcher tief wie die San-Andreas-Verwerfung, was zur Folge hat, dass im Baguette alles scheppert, einfach alles zu hören ist. Ich höre sogar die Wattestäbchen hin und her fallen. Garantiert dürfen wir mit dem Baguette diese Panzerteststrecke nicht hinauf. Auf achttausend Metern angekommen glaubt der Tollwutpatient, ein Lokal gesehen zu haben. Dass der Motor noch läuft, grenzt an ein Wunder. Dem Himmel sei Dank, dass wir die Zuladung nie ausreizen. An einem wirklich schönen Fleckchen Erde heißt es dann: Game over. In alle Richtungen unser Lieblingsschild: Ab 3,5t verboten. Als wir drehen, reißt das Heck einen halben Baum mit, überall bildet sich Stau. Wir sind das Volksfest... nicht die da unten.

 

"Wir fahren jetzt Heim!"

"Aber ich habe Hunger."

"Du und dein sche*ß Hunger, wie kannst du denn jetzt bloß an's Essen denken???"

"Ich denke immer an Essen, besonders viel Appetit habe ich in solchen Höhenlagen!"

 

Beide halten wir jetzt den Schnabel, bevor aus Streit Scheidung wird. Aus Würzburg herausgeschafft empfehle ich kleinlaut einen neuen Wohnmobilstellplatz, idyllisch an einer Kirche direkt am Friedhof gelegen. Dort ist es garantiert friedlich. Kurz vor dem Ziel das Höhenbegrenzungsschild: 2,2 Meter maximal. Linksseitig meine ich, eine hohe Wärmebelastung, schweres Atmen und Bluthochdruck wahrzunehmen und bin froh, dass der Friedhof noch weit entfernt ist. Bedauerlicher Weise weist Park4Night keinen Hinweis auf eine Höhenbegrenzung aus.

 

Nachdem mein Magen knurrt und dadurch die Laune unterhalb dem des Tollwutpantienten fällt, merkt dieser, dass es bald Zeit ist, anzuhalten. Denn wenn T-Rex erst einmal Hunger hat, gleicht Godzilla demgegenüber einem Monchhichi. Vor Heilbronn finden wir einen Stellplatz an einem Golfplatz. Dort nehmen wir beim Wenden noch einen weiteren Baum mit, lassen trotz Doppelachser auf einem gewaltigen Hang und neunzigtausend Umdrehungen die Räder durchdrehen (zu steil, zu schwer oder zu blöd zu fahren... hahaha), bevor wir dann endlich die Parkposition einnehmen, diese dann wieder wechseln (Satellitenschüssel will wo anders hin) und sich zu guter Letzt die Hubstützenanlage aufhängt. Am nächsten Morgen reißen wir beim Ausparken irgendeinen Busch mit. Zweifelsohne tragen wir erheblich zur Rodung der Wälder bei.

 

Fazit mit der Fahrradkette: Lüneburger Heide, vollgetankt und mit Essen an Bord, ein paar blökende Schafe - was hätte man mehr wollen?

Kommentar schreiben

Kommentare: 4
  • #1

    Steven (Freitag, 26 Juli 2024 09:42)

    Ja, die App P4N hat definitiv noch Verbesserungsbedarf. Wir wurden auch Gott weiß wohin geschickt und mussten viele male ausweichen (Höhe usw.) Aber ihr zwei seid echt witzig :-))) Guter Humor & gute Reisen weiterhin. LG, Steven

  • #2

    Sabine (Freitag, 26 Juli 2024 10:49)

    Als würde ich danebensitzen, genial!!! :@)

  • #3

    Saskia (Freitag, 26 Juli 2024 13:23)

    Hahaha, habe 2x gelesen, so gut!!!!

  • #4

    Freddy the Igel (Dienstag, 29 Oktober 2024 17:12)

    hätte dein mann bloss auf dich gehört! richtig lustig geschrieben!