Gattinski und ich betreten einen großen Store für Camping-Zubehör. Noch bevor unser Baguette ausgeliefert wird, benötigen wir natürlich schon ein halbes Jahr im voraus die gesamte Camping-Ausstattung.
"Oh schau’ mal, die Teller sind ja toll!" quietscht mich Oli an, kaum dass wir den Laden betreten.
"Wenn du dieses Geschirr in den Einkaufskorb legst, reiche ich die Scheidung ein."
"Wiesooo? Die sind doch schön!"
"Geh’ Grillsachen gucken."
"Aber ich will mit entscheiden, welches Geschirr wir kaufen!"
"Seid Billionen Jahren obliegt diese Entscheidung einzig und allein dem weiblichen Geschlecht, worauf du Einen lassen kannst. Vergiss’ es! Geh’ Grillabteilung."
"Nein, ich will diese Teller!"
"Es heißt, ich MÖCHTE diese Teller."
Er legt sie in den Einkaufskorb, den ich aber trage. In der Grillabteilung angekommen, sind die Teller verschwunden. Im Korb liegt Salatbesteck.
"Wo sind die Teller hin? Hast du die jetzt rausgenommen?"
"Nein, die sind zum Friseur gelaufen. Kumma, da hinten, toller großer Grill. Wooow…!"
"Wo häsch die jetzt versteckt? Eines versichere ich dir, der Laden wird nicht ohne Teller verlassen."
Meinetwegen, schließlich sind wir in einem Camping-Laden. Hier können wir ja direkt in einem Zelt übernachten.
"Den Grill nehmen wir."
"Hast du mal auf den Preis geschaut? Der kostet 899,00 Euro."
"Ja, aber der ist gut."
"Der sorgt, wie tausend andere Grills, lediglich dafür, dass das Fleisch heiß wird. Was ist gut an dem?"
"Der ist gut, den nehmen wir."
"Nur über meine Leiche."
"Wenn ich die Teller nicht haben kann, dann kommt der Grill mit."
Teller. Wo sind die ästhetisch designten wunderschönen Teller? Mit vierhundert Puls stampfe ich durch den Laden und wühle im Schwimmnudelgitter nach ihnen.
"Sie! Haben Sie die Teller in die Schwimmnudeln gelegt?"
"Nein, gestopft. Aber ich nehme sie ja wieder raus."
"Warum haben Sie sie nicht in’s Regal zurückgelegt?"
"Ich wollte zwei hässliche Dinge aufeinander abstimmen und brauchte zwischenzeitlich Bedenkzeit. Wirklich."
Mit hochgezogenen Augenbrauen schaut mich der Verkäufer herabwürdigend an. Geht mir genauso, denn seine grünen Plastiksandalen auf schwarzen Polyestersocken ruinieren meine Netzhaut.
"Puppe, ich habe etwas gefunden!"
"Nein! Nein, nein, nein! Auf gar keinen Fall."
"Doch! Die passt zu unseren Tellern."
Wie eine Trophäe hält Oli eine Petroleumlampe in der Hand. Aus Plastik. Ich kriege Nervenkrebs.
"Plastik, dein ernst?"
"Wir müssen auf unser Gewicht achten."
"Womit wir wieder bei den Tellern wären. Je größer die Teller, desto mehr Fraß liegt drauf. Und du wirst immer opulenter."
"Ich meinte die Zuladung. Aber hast du mal in den Spiegel geschaut?"
Mit zwei Mittelfingern auf seinen Augäpfeln legt er die Petroleumlampe stoisch in den Einkaufskorb. Drei Meter weiter laufe ich langsam auf ein Gitter gefüllt mit Wäscheständern zu, höre jedoch ganz dicht hinter mir Schritte aus Plastik. Camping-Ausstattung kaufen ist toll, haben sie gesagt. Das macht Spaß, haben sie gesagt.
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Sarah Wagner (Montag, 03 Juni 2024 15:04)
Herzig, einfach nur herzig!! Würde ich meinen Rudi einkaufe lassen, wäre alles grau oder grün. Man kann sich in eure Schreibweise sofort in die Situation hineinversetzen.